Werner-Ernst-Preis 2007 verliehen

Preisträger

2. Preis

Dipl.-Geogr. Patrick Küpper, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden, für seinen Beitrag „Das Konzept der Europäischen Metropolregionen und territoriale Kohäsion – Notwendigkeit oder Widerspruch?“

3. Preis

Dipl.-Ing. Anna Growe, Universität Dortmund, Fakultät Raumplanung, und Dipl.-Geogr. Sabine von Löwis, HafenCity Universität Hamburg, Institut für Stadt-, Regional- und Umweltplanung, für ihren Beitrag „Metropolregionen als Knowledge-Broker zur Förderung der territorialen Kohäsion in einer wissensbasierten Ökonomie“

Metropolregionen und territoriale Kohäsion

Der Werner-Ernst-Preis 2007 des Förderkreises für Raum- und Umweltforschung (FRU) wurde im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung der ARL am 14./15. Juni 2007 in Hamburg verliehen. Wie in den Vorjahren auch, hatte sich der Wettbewerb inhaltlich an der Jahrestagung der ARL orientiert. Mit dem Thema „Metropolregionen und territoriale Kohäsion“ war wiederum ein Tagungsthema gewählt worden, das eine hohe Aktualität und planerische Relevanz aufweist.

Der Werner-Ernst-Preis 2007 hatte zum Ziel,

  • die generelle Rolle von Metropolregionen für eine nachhaltig orientierte europäische Raumentwicklung einzuordnen und die Chancen und Risiken einer metropolenbasierten Raumentwicklung zu veranschaulichen,
  • Wege zu stärker integrierten Lösungen (fachplanerischer Abstimmung) sowie kooperativer Ansätze (z. B. polyzentrale Metropolregionen oder Metropolennetze) auf europäischer Ebene aufzuzeigen,
  • Überlegungen zu Strategien und Instrumenten einer metropolenbasierten Raumentwicklung anzuregen.

Der Wettbewerb forderte dazu auf, sich mit den Konzepten „Metropolregionen“ und „Territoriale Kohäsion“ auseinanderzusetzen und Vorschläge zu diskutieren, welche Folgerungen für die raum- und umweltbezogene Politik und Planung im weitesten Sinn gezogen werden sollten.

Nach dem Abgabetermin am 10. April 2007 wurden die eingegangenen Wettbewerbsbeiträge an die Jury zur Prüfung und Bewertung übergeben. Mitglieder der Jury waren Dr. Thorsten Wiechmann, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden, der auch den Vorsitz innehatte, Doris Krüger-Röth, Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main, und Dr. Karl Peter Schön vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Bonn. Der Vorstand des FRU folgte der Empfehlung, einen zweiten und einen dritten Preis zu vergeben. Die stellvertretende Vorsitzende des FRU, Prof. Dr.-Ing. Ulrike Weiland, gab im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung das Wettbewerbsergebnis bekannt und überreichte die Auszeichnungen.

Der dritte Preis, dotiert mit 1.000 Euro, wurde Anna Growe und Sabine von Löwis für ihren Beitrag „Metropolregionen als Knowledge-Broker zur Förderung der territorialen Kohäsion in einer wissensbasierten Ökonomie“ zuerkannt. Darin widmen sie sich innovativen Ansätzen der Wissensökonomie, einer hochaktuellen Forschungsthematik. Gezielt wird der Frage nachgegangen, ob Metropolregionenals Zentren für Innovation mit dem Aufgreifen des Themas Wissen einen Beitrag zur gesamträumlichen Entwicklung leisten können. Theoretisch fundiert, analysiert der Beitrag die besonderen Standortbedingungen und Funktionen von Metropolregionen in einer wissensbasierten Ökonomie und untermauert die verbreitete These, dass urbane Zentren als Knoten der Wissensgesellschaft günstige Voraussetzungen für Wachstum und Innovation mit sich bringen. Ein Abschnitt des Beitrags widmet sich den regionalen Disparitäten in der territorialen Wissensökonomie und zeigt, dass auch in peripheren Räumen ökonomisch bedeutsames Wissen vorhanden ist, das bei einer einseitigen Konzentration auf Metropolregionen leicht übersehen werden kann. Im Fazit des Beitrags fordern die Autorinnen ein systematisches Wissensmanagement innerhalb von Metropolregionen. Darüber hinaus könne den Metropolregionen analog zum Unternehmenskonzept des „Knowledge-Brokers“ eine Rolle als Wissensmanager bzw. „Wissensaktivist“ zufallen. Wenn Metropolregionen als Katalysatoren das innerhalb der urbanen Zentren und in den peripheren Räumen außerhalb der Zentren auf vielfältige Art vorhandene Wissen vernetzen und zukunftsfähig weiterentwickeln, dann kann dies auch ein Beitrag zu einer auf Kohäsion ausgerichteten Wissensökonomie und einer nachhaltigen Wissensgesellschaft sein. Der Beitrag von Anna Growe und Sabine von Löwis stellt damit auch eine Verknüpfung der Debatte um europäische Metropolregionen mit neueren regionalökonomischen Diskussionen her, die in dieser Form bisher nicht geleistet wurde.

Der zweite Preis, dotiert mit 1.500 Euro, ging an Patrick Küpper, der im Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung in Dresden im Rahmen des mit Mitteln des „Paktes für Forschung und Innovation“ geförderten Projektes „Demographischer Wandel – Komplexität als Herausforderung für die Stadt- und Regionalentwicklung“ seine Dissertation anfertigt. Sein Beitrag „Das Konzept der Europäischen Metropolregionen und territoriale Kohäsion – Notwendigkeit oder Widerspruch?“ greift das Wettbewerbsthema aus einer wirtschaftsgeographischen Perspektive kompetent und kritisch auf. Im Mittelpunkt steht das Spannungsverhältnis zwischen der Förderung von Wachstumskernen und der territorialen Kohäsion und damit die Frage, ob die Förderung von Metropolregionen auch geeignet ist, den territorialen Zusammenhalt zu stärken. Nach einer einleitenden Darstellung der akademischen und politischen Debatten um das Konzept der europäischen Metropolregionen widmet sich der Beitrag ausführlich sechs wirtschaftsgeographischen bzw. regionalökonomischen Ansätzen, die immer wieder zur Begründung einer metropolregionenorientierten Raumentwicklungspolitik herangezogen werden: von den klassischen agglomerations- und polarisationstheoretischen Ansätzen über die Theorie der Zentralen Orte und die Konzepte funktionsräumlicher Arbeitsteilung bis hin zu neueren Ansätzen aus der New Economic Geography. Die verschiedenen Diskussionsstränge werden dabei sehr gut nachvollziehbar zusammengefasst und mit der aktuellen politischen Debatte in Deutschland verbunden. Patrick Küpper kommt zu dem Schluss, dass die genannten Ansätze für eine normative Begründung des Konzepts der Europäischen Metropolregionen nur bedingt geeignet erscheinen. Darauf aufbauend widmet sich der Beitrag anschließend der eigentlichen Kernfrage, welchen Beitrag das Konzept der Europäischen Metropolregionen zur territorialen Kohäsion zu leisten vermag. Angesprochen werden etwa potenzielle Auswirkungen eines stärkeren Wachstums in den Metropolregionen auf die Finanzierbarkeit höherer Ausgleichszahlungen, die Wahrscheinlichkeit von Ausstrahlungseffekten in die Peripherie und die Möglichkeiten einer Arbeitsteilung in Verantwortungsgemeinschaften. Auch wenn die Aussagen in Teilen spekulativ bleiben (müssen), zeigt der Beitrag doch eindringlich die Risiken, die mit einer auf Wachstumskerne fokussierten Raumentwicklungspolitik einhergehen können. Insofern ist es nur konsequent, dass der Autor in seinen Schlussbetrachtungen vor einer einseitigen Konzentration auf Metropolregionen warnt.

Nach der Laudatio und der Preisübergabe hatte Patrick Küpper Gelegenheit, in komprimierter Form die Hauptgedanken seiner Arbeit vorzutragen, die mit viel Beifall bedacht wurden.

Andreas Klee