Werner-Ernst-Preis 2006 vergeben

Die Preisträger

2. Preis
Dipl.-Geogr. Dirk Huchtemann, Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Essen, für seinen Beitrag „Effizienzgewinn durch Regionalisierung? Abgrenzung homogener Politikaktionsräume in Flusseinzugsgebieten“
2. Preis
Dr. Oliver Kaiser, Universität Freiburg im Breisgau, Institut für Landespflege, für seinen Beitrag „Bewertung und Entwicklung urbaner Fließgewässer unter aktiver Einbeziehung der Öffentlichkeit – Das Projekt StadtGewässer“
3. Preis
Dipl.-Ing. Alice Kube, Referendarin beim Ministerium für Umwelt, Natur, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen für ihren Beitrag „stadt ODER landschaft. Erholungskonzept Wasserknoten Wroclaw/Breslau“

Wasser als Element der Raumplanung

Im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung der ARL am 22. und 23. Juni 2006 in Rostock-Warnemünde wurde der Werner-Ernst-Preis des Förderkreises für Raum- und Umweltforschung e.V. (FRU) verliehen.

Wie in den Vorjahren auch, hatte sich der Wettbewerb inhaltlich an der Jahrestagung der ARL orientiert. Mit dem Thema „Wasser als Element der Raumplanung“ war ein Tagungsthema gewählt worden, das eine hohe Aktualität und planerische Relevanz aufweist. Daher beabsichtigte der Vorstand des FRU wiederum eine harmonische Einbindung der Preisverleihung zum gleichen Thema in die Veranstaltung.

Der Werner-Ernst-Preis 2006 hatte zum Ziel,

  • die generelle Bedeutung des Wassers als natürliche Ressource sowie seine Bedeutung für Gesellschaft und Wirtschaft und die räumlichen Auswirkungen und Probleme der Wassernutzung zu verdeutlichen,
  • den besonderen Vorrang querschnittsorientierter (integrativer) raumplanerischer Entwicklungskonzepte, -strategien und Handlungsansätze im Zusammenhang mit der Lösung gegenwärtiger und zukünftiger Probleme im Bereich des Wassers zu begründen und zu veranschaulichen,
  • die veränderten Anforderungen an Planungs- und Kooperationskonzepte sowie raumplanerische Instrumente zu konkretisieren, insbesondere auch mit Blick auf die Raumplanung im Küsten- und Meeresbereich (IKZM),
  • Wege aufzuzeigen, wie das Verhältnis von Raumplanung und Wasserwirtschaft in der Zukunft im Sinne einer nachhaltigen Raumentwicklung gestaltet werden sollte,
  • zu Überlegungen für eine neue Planungskommunikation zwischen Raumplanung, Wasserwirtschaft und den weiteren Planungsbeteiligten anzuregen.

Der Wettbewerb forderte dazu auf, sich mit dem Element Wasser im Zusammenhang mit der räumlichen Planung auseinanderzusetzen und Vorschläge zu diskutieren, welche Folgerungen für die raum- und umweltbezogene Politik und Planung im weitesten Sinne gezogen werden sollten.

Nach dem Abgabetermin am 30. April 2006 wurden die Wettbewerbsbeiträge an die Jury zur Prüfung und Bewertung übergeben. Mitglieder der Jury waren Dr. Stefan Greiving, Universität Dortmund, der auch den Vorsitz innehatte, Prof. Dr. Christina von Haaren, Universität Hannover, und Dipl.-Geogr. Kirsten Adamczak von der Emschergenossenschaft in Essen. Ende Mai 2006 legte die Jury ihr Ergebnis vor. Der Vorstand des FRU folgte der Empfehlung zur Preisvergabe, die vorsah, zwei zweite und einen dritten Preis zu vergeben. Der Vorsitzende des FRU, Prof. Dr.-Ing. Jörg Knieling, gab im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung das Wettbewerbsergebnis bekannt und überreichte die Auszeichnungen.

Der dritte Preis wurde Dipl.-Ing. Alice Kube für ihren Beitrag „stadt ODER landschaft. Erholungskonzept Wasserknoten Wroclaw/Breslau“ zuerkannt. Ihr Wettbewerbsbeitrag beschreibt die landschaftsplanerische Vision einer Verflechtung von Wasserachsen der Oder und hiermit verbundener Kanäle im Raum Breslau mit Schwerpunkt auf einem Bewertungs- und Handlungsrahmen zur Naherholung. Auf Grundlage einer differenzierten Beschreibung der Rahmenbedingungen und Entwicklungsgeschichte des heutigen stadtregionalen Systems wird das Potenzial der Oberflächengewässer zur Grundlage der weiteren Entwicklung gemacht. Der Beitrag arbeitet sowohl bei der Analyse wie auch im konzeptionellen Teil sehr querschnittsorientiert: Die Einbeziehung der stadtplanerischen, sozioökonomischen, ökologischen, politischen wie auch wasserwirtschaftlichen Aspekte führt zu einem Gesamtbild beim Problemaufriss wie auch zu Ansätzen einer nachhaltigen Stadtentwicklung unter dem Leitbild einer vom Wasser geprägten Metropole. Die Stärken der Arbeit liegen in der klaren Gliederung des Stadtraumes und der Funktionszuweisungen gewässerbezogener Nutzungen, in der Kraft der Visualisierungen und dem angemessenen, behutsamen Brückenschlag zwischen Nutzungssteuerung und „Möblierung“ der Flusslandschaft. Die Arbeit ist logisch aufgebaut, gut lesbar und vermittelt durch intelligente grafische Darstellungen eine Fülle an vielschichtigen Informationen. Es wird auch deutlich, dass die Verfasserin viel eigene Initiative und Untersuchungen in die Arbeit eingebracht hat. Die Fallstudie wurde mit dem dritten Preis bewertet, da sie die Aufgabe „Wasser als Element der Raumplanung“ im Kontext der Öffnung Europas nach Osten und damit verbundener Veränderungen im Stadtgefüge und in den Lebensgewohnheiten der Menschen beispielhaft darstellt. Im Sinne eines Erkenntnisfortschritts kann diese kulturelle Annäherung und ihre Auswirkung auf die Stadtplanung in Europa einen wichtigen Beitrag leisten.

Einer der beiden zweiten Preise ging an Dipl.-Geogr. Dirk Huchtemann für seine Arbeit „Effizienzgewinn durch Regionalisierung? Abgrenzung homogener Politikaktionsräume in Flusseinzugsgebieten“. Er greift das Problem diffuser Einträge in Oberflächengewässer auf. Die Steuerung ist hier besonders schwierig, da sie nicht über Anlagengenehmigung und Überwachung erfolgen kann, sondern sich auf eine Änderung der Praxis der landwirtschaftlichen Flächenutzung richten müsste. Die dazu geeigneten Maßnahmen wären in einem regional angepassten Flussgebietsmanagement zu ergreifen. Ziel der Arbeit ist es, eine Methode zu entwickeln, die es ermöglicht, die notwendigen Maßnahmen und Instrumente mit möglichst geringen Transaktionskosten – insbesondere Verwaltungsaufwand – zu planen und zu implementieren. Der Autor geht dabei von der These aus, dass dies der Fall ist, wenn die Planungsräume möglichst homogen bezüglich der für dieses spezifische Problem steuerungsrelevanten Faktoren sind. Ausgangsbausteine sind dabei die Gemeinden, die innerhalb der Flussgebietseinheiten zu neuen homogenen Planungsräumen zusammengefasst werden. Als homogen werden die Räume dann bezeichnet, wenn sie hinsichtlich

  • der Präferenzen der Bevölkerung für einen bestimmten Gewässerzustand ähnlich sind,
  • der Eintragsraten von Schadstoffen ähnlich sind und
  • der Vermeidungsgrenzkosten als Verringerung des Einkommens landwirtschaftlicher Betriebe in Abhängigkeit von bestimmten Politikmaßnahmen ähnlich sind.

Innerhalb der homogenen Gemeindegruppen können Maßnahmen mit geringeren Transaktionskosten geplant und umgesetzt werden, da sie auf einen Raum mit relativ gleichen Problemen und Umsetzungsbedingungen wirken. Dirk Huchtemann löste die Aufgabe, homogene Planungsräume zu finden, mittels einer Clusteranalyse. Am Beispiel der Ems demonstriert er die Anwendbarkeit der Methode. Mit der Arbeit wird eine originelle und eigenständige Lösung für ein Problem an der Schnittstelle zwischen Raumplanung und wasserwirtschaftlicher Planung präsentiert. Der Autor überträgt einen ökonomischen Ansatz zur Effizienzsteigerung auf ein Raumproblem und leitet die von ihm entwickelte Methode zur Neugliederung von Planungsräumen in Wassereinzugsgebieten systematisch und nachvollziehbar her.

Der andere zweite Preis wurde Dr. Oliver Kaiser für seinen Beitrag „Bewertung und Entwicklung urbaner Fließgewässer unter aktiver Einbeziehung der Öffentlichkeit – Das Projekt StadtGewässer“ zuerkannt. Er stellt das Freiburger Projekt „StadtGewässer“ vor, das sich auf zwei Freiburger Gewässer bezieht (Gewerbekanal und Glasbach), deren Ausgangsstatus erhebliche Defizite, aber auch Entwicklungspotenziale aufgewiesen hatte. Ausgangspunkt der konzeptionellen Überlegungen des Beitrages waren die bestehenden Defizite bei der systematischen Erfassung des Zustands urbaner Fließgewässer, da sich bisherige Bewertungsansätze – wie übrigens auch die Wasserrahmenrichtlinie – primär am ökologischen Zustand von Gewässern orientieren. Ganz im Sinne des Leitbildes der nachhaltigen räumlichen Entwicklung wurden neben ökologischen auch soziale und ökonomische Kriterien berücksichtigt, und zwar nicht nur mittels quantifizierbarer Faktoren, sondern auch mit weichen Attributen wie Erlebnis und Aufenthaltsqualität. Interessant ist in diesem Kontext die Art und Weise, wie das schwierige Thema der Messbarkeit und Bewertung von „Sinneswahrnehmung“ (und insbesondere der visuellen Wahrnehmung als wichtigstem Kriterium) angegangen worden ist. Dieser Bewertungsansatz ist auf die beiden Freiburger Gewässer angewendet worden und scheint übertragbar zu sein, was diesen Beitrag über den Wert einer reinen Fallstudie hinaus auszeichnet. Zudem wurde die Bedeutung aktiver bürgerschaftlicher Mitwirkung an Planungsvorgängen aufgezeigt und deren Anwendung begleitet und positiv evaluiert. Die Arbeit zeichnet sich außerdem durch eine gute Herleitung der Problemstellung und Zielsetzung aus, aus denen ein Lösungsansatz abgeleitet wird. Sie ist auch optisch sehr ansprechend aufbereitet worden. Der Beitrag wurde mit einem zweiten Preis bewertet, da er das Thema „Wasser als Element der Raumplanung“ auf überzeugende Art und Weise in Form einer Fallstudie umgesetzt hat, die eine erkennbare konzeptionelle Eigenleistung des Autors beinhaltet. Dies stellt einen in weiten Teilen auch auf andere Fälle übertragbaren Erkenntnisfortschritt dar.

Nach der Laudatio und der Preisübergabe hatten Dirk Huchtemann und Oliver Kaiser Gelegenheit, in komprimierter Form die Hauptgedanken ihrer jeweiligen Arbeit vorzutragen.

Andreas Klee