Werner-Ernst-Preis 2014 (23. FRU-Förderpreis-Wettbewerb)

Raumentwicklung in Europa

Die Förderung des Nachwuchses in der raumwissenschaftlichen Forschung und Planungspraxis ist das Ziel des Werner-Ernst-Preises, den der Förderkreis für Raum- und Umweltforschung (FRU) alljährlich auslobt.
In diesem Jahr lautete das Wettbewerbsthema „Zukunftsraum Europa – Nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung in Europa“ und lehnte sich wieder an das Thema des ARL-Kongresses an. Es wurden zehn Wettbewerbsbeiträge eingereicht, die an eine Jury zur Prüfung und Bewertung übergeben wurden. In diesem Jahr hat sich die Jury dafür ausgesprochen, einen ers ten, einen zweiten und einen dritten Platz zu vergeben und damit den Preisrahmen auszuschöpfen.
Der Vor stand des FRU hat sich dieser Auffassung angeschlossen und der Vorsitzende des Vorstands, Prof. Dr.-Ing. Jörg Knieling, konnte im Rahmen des ARL-Kongresses folgende drei Preise vergeben.
Der dritte Preis, dotiert mit 1.000 Euro, ging an Beate Caesar für ihre Diplomarbeit zum Thema „European Groupings of Territorial Cooperation (EGTC)“. Caesar hat an der Technischen Universität Kaiserslautern Raum- und Umweltplanung studiert und ist am dorti- gen Lehrstuhl Internationale Planungssysteme als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. In ihrer Arbeit befasst sie sich intensiv mit den neuen, rechtlich-institutionell verbindlichen Kooperationen in nicht zusammenhängenden Räumen.
Die beiden 2012 existierenden EGTCs wurden als Fallbeispiele analysiert und verglichen. Die Arbeit zeigt, dass EGTCs als Rechtsinstrumente auch für die Zusammenarbeit im Zusammenhang mit politischen Strategien der Europäischen Union genutzt werden, bei denen es sich nicht um Kohäsionspolitik handelt, beispielsweise um lange bestehende lockere Kooperationen zu strategischen Zwecken fest zu verankern. Damit belegt Caesar sehr gut, dass die europäische Integration nicht nur den Europäischen Vertrag als Basis hat, sondern auch durch viele kleine rechtlich abgesicherte EGTCs gelebt werden kann.
Der zweite Preis, dotiert mit 1.500 Euro, wurde Andreas Dillinger aus Wien zuerkannt. Er hat an der Technischen Universität Wien Raumplanung studiert und dort ein Doktoratsstudium angeschlossen. Seit 2011 arbeitet er als Forschungsassistent an der Technischen Universität Wien. Bei der eingereichten Arbeit handelt es sich um seine Dissertation zum Thema „Vom Pionierinstrument zur Strategie – und dann? Das Förderprogramm Leader der Europäischen Union. Entstehung und Entwicklung einer Förderpolitik auf europäischer Ebene sowie sei – ne Umsetzung am Beispiel des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich“. Die Arbeit befasst sich mit einem zentralen Instrument ländlicher Entwicklungspolitik, dem Instrument Leader.
Dillingers Arbeit ist eine gelungene und verständliche Darstellung der Vorgeschichte und Geschichte von Leader. Der Autor zeigt anschaulich, wie sich das Programm Leader in der Geschichte der Europäischen Union von Einzelmaßnahmen über Gemeinschaftsinitiativen bis zum Politikprogramm entwickelt hat. Die Entwicklung der Förderung der ländlichen Räume über viele Jahre hinweg wird von Dillinger gut aufgezeigt. Dabei wird deutlich, wie es der EU gelingt, den Weg vom „Modell“ zum „Standard“ – oder in der Sprache der EU: das Mainstreaming – er- folgreich durchzusetzen und zu betreiben.
Der erste Preis, dotiert mit 2.000 Euro, ging an Eva Purkarthofer für ihre Masterarbeit „Niemand wusste genau, worauf man sich einließ – Die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft auf die österreichische Planung und ihre AkteurInnen“. Purkarthofer hat ebenfalls an der Technischen Universität Wien Raumplanung studiert. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist der EU-Beitritt Österreichs. Die zentrale Forschungsfrage ist, welche Veränderungen der Beitritt Österreichs zur EU für das Planungssystem und die Planungskultur in Österreich mit sich brachte. Wie vermutlich zu erwarten war, kommt die Autorin zu dem Schluss, dass es sich um deutliche Veränderungen handelt – es sei jedoch schwierig zu beurteilen, ob die Veränderungen positiv oder negativ zu bewerten sind. Insgesamt überwiegen allerdings die positiven. Purkarthofer zeigt aber auch Optimierungspotenziale auf, z.Ÿ B. hinsichtlich der komplexen Förderpolitik, die die Umsetzung und Etablierung innovativer Ideen und Planungsansätze erschwere. Sie fordert, dass die europäische Ebene vor allem der Koordination und Kooperation dienen und eine Plattform für Diskussion und Innovation sein solle. Die Eigeninitiative sowie die konkrete Ausgestaltung der europäischen Regional- und Strukturpolitik sollten den handelnden Akteuren auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene überlassen bleiben. Mit ihrer Arbeit konnte Purkarthofer einen Erkenntnisfortschritt in der Bewertung des Verhältnisses von EU und Raumplanung erzielen, der auch auf andere EU-Mitgliedsstaaten übertragbar ist.
 
Andreas Klee