Werner-Ernst-Preis 2018 (27. FRU-Förderpreis-Wettbewerb)

Internationale Ausschreibung

Der Förderkreis für Raum- und Umweltforschung e. V. (FRU) schreibt den Werner-Ernst-Preis 2018 aus. Der Preis befasst sich dieses Mal mit dem Thema Flächenmanagement, das trotz jahrelanger großer Aufmerksamkeit wegen des immer noch zu hohen „Flächenverbrauchs“ und wegen neuer Anforderungen nichts an Aktualität eingebüßt hat. Das Wettbewerbsthema lautet:

Flächenmanagement unter veränderten Rahmenbedingungen

Thematischer Rahmen des Wettbewerbs

Der weltweit steigende Energiebedarf bei noch überwiegend fossilen Energiesystemen, Urbanisierung und Landnutzungsänderungen gelten als drei wesentliche Triebkräfte des globalen Wandels und des anthropogenen Klimawandels. Deren Ausmaße erfordern eine globale, eine „große Transformation“, die – zugeschnitten auf die jeweiligen nationalen Gegebenheiten – Veränderungen (Transformationen) in vielen Handlungsfeldern erfordert (vgl. WBGU 2011; WBGU 2016). Die urbane Flächennutzung wird vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) als „transformatives Handlungsfeld“ definiert (WBGU 2016: 170 ff.), das als zentraler Hebel für Veränderungen dienen kann und wegen seiner „Dringlichkeit, Größenordnung“, seines „Potenzials zur Vermeidung von Pfadabhängigkeiten“ und seines „großen Zusatznutzens besonders geeignet ist“, „Systemumschwünge zur Nachhaltigkeit auszulösen“ (WBGU 2016: 544). Damit wird Flächenmanagement als eine zentrale Aufgabe in dieser Transformation adressiert. Flächenmanagement hat zwischen konkurrierenden Flächenansprüchen von neuen Wohn- und Gewerbegebieten, Infrastruktureinrichtungen einschließlich Anlagen zur Energiegewinnung, Landwirtschaft, Risikovorsorge für den Klimawandel und Umwelt- und Naturschutz unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen abzuwägen. Flächenmanagement ist auf allen angesprochenen Ebenen – von der globalen bis zur lokalen Ebene – zu verorten und demzufolge eine Multilevel- Governance-Aufgabe.

Verstädterung und Urbanisierung haben zwar in Deutschland vergleichsweise moderate Ausmaße, aber die Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist bundesweit – trotz Abnahmen in den letzten Jahren – mit 66 Hektar pro Tag immer noch zu hoch (Mittelwert des Zeitraums 2012 bis 2015; Statistisches Bundesamt 2017). Neue Flächen werden in Deutschland inzwischen zu fast 70 % außerhalb der verdichteten Regionen in Anspruch genommen, vor allem in kleinen Gemeinden ohne zentralörtliche Funktionen (Adrian/Bock/Preuß 2016: 25). Die Steuerung der Flächennutzung auf Basis des zentralörtlichen Systems scheint somit weniger wirkungsvoll zu sein als erwartet; zumindest scheint sie durch mächtigere Faktoren wie Grundstückspreise oder Erwartungen an Umwelt- und Lebensqualität im ländlichen Raum überlagert zu werden. Dabei zeigen nicht nur wachsende, sondern auch die meisten schrumpfenden Regionen Flächenneuausweisungen, da Einwohner- und Arbeitsplatzentwicklung einerseits und „Flächenverbrauch“ andererseits inzwischen voneinander entkoppelt verlaufen. In allen Räumen bleiben Brachflächen (zu lange) ungenutzt.

Es ist unklar, ob das Ziel der aktuellen deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, bis zum Jahr 2030 „nur“ noch maximal 30 Hektar Fläche/Tag für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu in Anspruch zu nehmen (Bundesregierung 2016), erreicht werden kann. Außerdem ist von einer weiteren Verschärfung der Ziele für die Flächenneuinanspruchnahme auszugehen: Der tägliche Flächenverbrauch soll nach dem neuen deutschen Umweltprogramm bis zum Jahr 2030 auf 20 Hektar/Tag gesenkt werden (BMUB 2016: 82), und die Vereinten Nationen, die Europäische Union, der Rat der Bundesregierung für Nachhaltige Entwicklung sowie verschiedene Umweltverbände gehen deutlich weiter und empfehlen bzw. fordern eine Netto-Null-Inanspruchnahme von Flächen bis 2050 (Europäische Kommission 2011: 18; RNE 2016: 6; UN 2016).

Mit diesen strengeren Flächenzielen soll ein Innovationsschub initiiert werden, der nicht nur zu einer sparsameren und effizienteren Nutzung der Ressource Fläche führt, sondern auch zu einer effizienteren und schonenderen Nutzung anderer Ressourcen, denn die Flächenziele können nur erreicht werden, wenn sie in ein integratives Konzept nachhaltiger Entwicklung eingebettet sind.

Über die o. g. quantitativen Ziele zur Senkung der Flächenneuinanspruchnahme hinaus werden qualitative Ziele angesprochen bzw. es wird gefordert, dass über die Mengenbegrenzung hinaus auch Ziele für Flächeneigenschaften und Nutzungsqualitäten formuliert und angestrebt werden. Zum einen wirft der soziodemografische Wandel – in Deutschland insbesondere die Alterung und soziale Spaltung der Bevölkerung und die Integration von Zuwanderern – die Frage nach einer ausreichenden Verfügbarkeit, Erreichbarkeit und optimalen Nutzbarkeit v. a. städtischer Grün- und Freiflächen und nach einem angepassten Infrastrukturangebot auf. Gleichzeitig sind auf kommunaler Ebene Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel erforderlich, die zum Teil ebenfalls mit Ansprüchen an Flächen verbunden sind. Angesichts knapper – hauptsächlich kommunaler – Budgets stellt sich die Frage, wie diese quantitativen und qualitativen Herausforderungen des Flächenmanagements bewältigt werden sollen.

Dabei wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl von Verfahren und Instrumenten zum Flächenmanagement entwickelt, u. a.:

  • Mengenziele für die Obergrenze der Flächenneuinanspruchnahme, von der nationalen bis zum Teil zur kommunalen Ebene
  • die städtebaulichen Ziele Kompaktheit, Nutzungsmischung, kurze Wege
  • die Ziele Flächenmobilisierung im Bestand, Innenentwicklung vor Außenentwicklung im Verhältnis 3:1, doppelte Innenentwicklung
  • das Modell der Flächenkreislaufwirtschaft zur flexibleren und schnelleren Wiedereinbringung von Brachen in den Nutzungszyklus
  • Brachflächenmanagementsysteme
  • die rechtliche Verankerung des Baurechts auf Zeit
  • ökonomische Instrumente wie Grundstücksfonds, Kosten- Nutzen-Analysen bei der Neuausweisung von Bauland, Neuausweisungsumlagen, Bodenversiegelungsabgaben
  • Bodenvorratspolitik, Information von potenziellen Flächeninteressenten, Mitwirkung bei der Vermarktung von Flächen, Flächenmonitoring
  • die Einführung des Schutzguts Fläche in der Umweltprüfung zur Bauleitplanung

Da die bisherigen Instrumente und Maßnahmen des Flächenmanagements offensichtlich nicht ausreichen, die o. g. Ziele in der Praxis zu erreichen, sind weitere Lösungsansätze in Diskussion bzw. Erprobung:

  • eine Überprüfung, aus welchen Gründen die flächenpolitischen Ziele voraussichtlich nicht erreicht werden
  • eine konsequente Flächenkontingentierung durch Operationalisierung der bundesweiten Flächenziele durch Länder, Regionen und Kommunen, ein zoniertes Satzungsrecht und die Beseitigung kontraproduktiver ökonomischer und fiskalischer Anreize (vgl. Adrian/Bock/ Preuß 2016)
  • handelbare Flächenzertifikate, Diversifizierung urbaner Eigentumsmodelle, Qualifizierung von Flächeninformationen und Flächenbewertungen, flexible Flächennutzungen (shared space), städtische Gemeinschaftsgüter (urban commons) (WBGU 2016: 177 ff.)

Da die absehbar anspruchsvoller werdenden Ziele des Flächenmanagements nur zu realisieren sind, wenn die rechtlichen Grundlagen diese auch unterstützen, ist zu prüfen, ob das deutsche Bodenrecht ausreichende Handlungsmöglichkeiten für ein wirksames Flächenmanagement bietet (Adrian/Bock/Preuß 2016).

Mit dem Werner-Ernst-Preis sollen Arbeiten ausgezeichnet werden, die eine größere Wirksamkeit des Flächenmanagements im Rahmen nachhaltiger Raumentwicklung anstreben und sich mit der Thematik Flächenmanagement in einer der Komplexität der Fragestellung angemessenen Weise befassen. Die Beiträge können sich aus unterschiedlicher Fachsicht mit dem Themenfeld befassen; sie können theoretisch-konzeptionell ausgerichtet sein oder sich empirisch auf Fallbeispiele beziehen und diese wissenschaftlich analysieren.

Die Arbeiten sollen anregende, innovative Ansätze aufzeigen, die sich mit folgenden Fragen – auch mit einzelnen dieser Fragen – befassen:

  • Welche Widerstände gegen ein wirksames Flächenmanagement können identifiziert werden und welche Treiber, Triebkräfte oder Ursachenfaktoren können benannt und analysiert werden?
  • Welche Erfahrungen aus anderen (v. a. europäischen) Ländern liegen zum Flächenmanagement vor? Gibt es für Deutschland interessante, übertragbare Ansätze?
  • Welche neuen, bisher noch wenig bekannten Ansätze und Instrumente für das Flächenmanagement gibt es in Theorie und/oder Praxis?
  • Wie werden Bedarfe und Beispiele für das Flächenmanagement in qualitativer Hinsicht thematisiert und wie können sie umgesetzt werden, z. B. mit dem Ziel einer ökologisch und sozial gerechten (Frei-)Flächenverteilung, mit dem Ziel der altersgerechten Nutzbarkeit, zur Realisierung von Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen oder mit dem Ziel der ökologischen Aufwertung?
  • Welche Interessen und/oder Handlungsmöglichkeiten haben oder benötigen die am Flächenmanagement beteiligten Akteure und/oder wie bringen sie sich in das Flächenmanagement ein?
  • Welche Konsequenzen hat ein zielführendes, wirksames Flächenmanagement für die Steuerung der Stadtentwicklung bzw. für Governance-Fragen?

Erwartungen an die Wettbewerbsbeiträge

Der Wettbewerb richtet sich an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (Master-, Promotions- oder Post-Doc-Phase) ebenso wie an Personen, die sich in ihrer beruflichen Praxis in Verwaltung, Planungsbüros etc. mit Fragen der Stadt- und Raumentwicklung beschäftigen. Er ist offen für alle raumrelevanten Disziplinen. Wissenschaftlich ausgerichtete Beiträge mit eher theoretischem Ansatz sind ebenso willkommen wie analytische Arbeiten oder reflektierte Erfahrungsberichte aus der Praxis mit wissenschaftlicher Fundierung.

Interessierte können gerne zunächst beim Förderkreis anfragen, ob sich ein vorgesehenes Thema für den Wettbewerb eignet. Neben eigens für den Werner-Ernst-Preis 2018 erstellten Arbeiten können auch solche Beiträge eingereicht werden, die auf umfassenderen, bereits vorliegenden oder in Arbeit befindlichen Studien-, Projekt- oder Abschlussarbeiten sowie Dissertationen beruhen.

Preise und Preisverleihung

Der Werner-Ernst-Preis 2018 ist mit insgesamt 4.500 € dotiert. Vorgesehen ist die Vergabe eines ersten Preises (2.000 €), eines zweiten Preises (1.500 €) und eines dritten Preises (1.000 €). Auf Vorschlag der Jury kann eine Reduzierung der Zahl der Preise und eine andere Aufteilung der Preissumme erfolgen. Als Anerkennung für weitere, nicht mit Geldpreisen ausgezeichnete Wettbewerbsbeiträge stehen wertvolle Buchgeschenke zur Verfügung.

Die Preise werden im Rahmen des ARL-Kongresses Ende April 2018 in München überreicht. Die Verfasserinnen und Verfasser der ausgezeichneten Beiträge erhalten Gelegenheit, ihre Arbeiten in einem Science-Slam kurz vorzustellen.

Teilnahmebedingungen

Teilnehmen können Studierende, Absolventinnen und Absolventen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Lehre, Forschung und Praxis aller relevanten Fachbereiche. Das Höchstalter beträgt 35 Jahre (Stichtag: 15. Februar 2018). Zugelassen sind auch Arbeiten von Teams aus bis zu drei Autorinnen/Autoren.

Die eingereichten Beiträge sind in englischer oder deutscher Sprache abzufassen und dürfen noch nicht an anderer Stelle veröffentlicht oder zur Veröffentlichung angeboten worden sein. Die Arbeiten müssen bis zum 15. Februar 2018 (Datum des Poststempels) in vierfacher Druckversion und in elektronischer Version – bevorzugt auf CD – zusammen mit dem ausgefüllten Bewerbungsbogen bei der Geschäftsstelle des Förderkreises eingereicht werden. Die Druckversionen und die elektronische Version müssen identisch sein und dürfen keinen Hinweis auf die Verfasser enthalten. Pro Bewerberin/ Bewerber kann nur eine Arbeit eingereicht werden. Über die Preisvergabe entscheidet eine unabhängige Jury, deren Mitglieder vom FRU bestimmt werden. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die eingereichten Arbeiten können leider nicht zurückgegeben werden.

Der FRU lädt die Preisträgerinnen/Preisträger zur Teilnahme am ARL-Kongress 2018 in München ein. Er sorgt bei Bedarf für Unterkunft und erstattet die Fahrtkosten nach dem Bundesreisekostengesetz.

Die Preisträger verpflichten sich zur unentgeltlichen Übertragung des Rechts zur Veröffentlichung ihrer eingereichten Arbeiten oder von Teilen daraus an den FRU bzw. an die ARL, sofern in deren Verlag eine Veröffentlichung erfolgt.