Werner-Ernst-Preis 2009 (18. FRU-Förderpreis-Wettbewerb)

Innovative Ansätze für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung

Werner-Ernst-Preis 2009 verliehen

Der Werner-Ernst-Preis des Förderkreises für Raum- und Umweltforschung (FRU) wurde im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung der ARL am 19. Juni 2009 in Mainz verliehen. Wie im vergangenen Jahr hatte sich der Wettbewerb 2009 nicht am Thema der Jahrestagung der ARL orientiert. Dies hatte zwei Gründe. Zum einen hat sich der Vorstand des FRU dafür ausgesprochen, das derzeit bedeutende Thema der nachhaltigenStadt- und Regionalentwicklung zum Gegenstand des Wettbewerbs zu machen. Damit sollten wegweisende wissenschaftliche Beiträge gefördert und ihr Weg zur „Anwenderseite“ in der Planungspraxis beschleunigt werden. Zum anderen wurden heuer wiederum Teile der Wissenschaftlichen Plenarsitzung der ARL über einen Call for Papers konzipiert. Hier galt es, Überschneidungen zweier Wettbewerbe zum gleichen Thema („Wenn zwei sich streiten … Bessere Planung durch Koordination“) zu vermeiden.

Angesichts divergierender wirtschaftlicher, sozialer und demographischer Entwicklungen in den Städten und Regionen Deutschlands hat eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung nach wie vor hohe Priorität. Dabei sind unter dem breiten Dach einer sozial gerechten, wirtschaftlich erfolgreichen und umweltverträglichen Entwicklung für die jeweiligen lokalen und regionalen Bedingungen adäquate Konzepte erforderlich. Mit dem Werner-Ernst-Preis sollten zum einen Arbeiten gefördert werden, die innovative Ansätze für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung aufzeigen. Darüber hinaus ging es darum, Handlungsmöglichkeiten von Städten und Regionen zu formulieren.

Nach dem Abgabetermin Ende März 2009 wurden die eingegangenen Wettbewerbsbeiträge an die Jury zur Prüfung und Bewertung übergeben. Mitglieder der Jury waren Prof. Dr. Karl-Hermann Hübler, ehemals Technische Universität Berlin, Prof. Dr. Ulf Hahne, Universität Kassel, und Dr. Susanne Dahm, pakora.net – Netzwerk für Stadt und Raum in Karlsruhe. Die Jury empfahl dem Vorstand des FRU, drei dritte Preise zu vergeben. Der Vereinsvorstand folgte dieser Empfehlung. Prof. Dr.-Ing. Jörg Knieling, Vorsitzender des FRU, gab im Rahmen der Wissenschaftlichen Plenarsitzung das Wettbewerbsergebnis bekannt und überreichte die Auszeichnungen.

3. Preis
Lukas Giessen, Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Forst- und Naturschutzpolitik, für seinen Beitrag „Regional Governance für ländliche Räume – Innovativer Ansatz, politischer Gegenwind und der Weg vorwärts“

3. Preis
Kareen Schlangen, Wolkramshausen (Thüringen), für ihren Beitrag „Regionalmanagement. Ein Governance-Konzept zur Steuerung regionaler Akteure“

3. Preis
Constanze Bückner, Studentin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geowissenschaften, für ihren Beitrag „Die Entwicklung einer neuen Raumstruktur in Städten und ihrem Umland durch die zunehmende Limitation von verfügbarer Energie und Raum“

Der Beitrag von Lukas Giessen beschäftigt sich mit einem seit Jahren erprobten Ansatz einer nachhaltigen Regionalentwicklung für ländliche Räume, dem Konzept der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ (ILE). Der dem Konzept innewohnende Steuerungsansatz der Regional Governance und die damit verbundenen inhaltlichen und politischen Innovationen werden im Beitrag kritisch diskutiert. Auf Basis eigener Forschungsergebnisse und zentraler politikwissenschaftlicher Erkenntnisse hat Giessen politische Probleme, Nadelöhre und Stolpersteine des Ansatzes als „Innovationsbremsen“ in der Praxis beschrieben. Dabei stützte er sich auf Arbeiten, die in einem größeren Forschungszusammenhang an der Universität Göttingen durchgeführt wurden. Zugrunde lagen Fallstudien aus dem Bundesmodellvorhaben „Regionen aktiv“, aus den Gemeinschaftsinitiativen „Leader+“ und „Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Das Besondere seiner Arbeit liegt vor allem im Illustrieren von Problemen des Ansatzes der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ in seiner politischen Umsetzung.

Regionalmanagement stellt einen informellen Ansatz der nachhaltigen Regionalentwicklung dar. Kareen Schlangen nimmt in der Auseinandersetzung mit dem Thema nicht die zumeist übliche regionalwissenschaftliche Perspektive ein, sondern stellt vor allem die Sichtweisen der Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften in den Vordergrund. Ihr Forschungsinteresse gilt dabei in erster Linie der organisationsinternen Sicht, das heißt den Gestaltungs- und Erfolgsfaktoren der Steuerung regionaler Akteure als aktive Mitglieder der Organisation des Regionalmanagements. Der Fokus liegt also auf der Behandlung spezifischer Governance-Fragen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Arbeit von Schlangen um eine theoretisch fundierte, governance-basierte Konzeption zur Steuerung regionaler Akteure im Rahmen des Regionalmanagements. Der Innovationsgehalt des Beitrags liegt somit in der Entwicklung eines generalisierten Governance-Konzepts zur Steuerung regionaler Akteure für die Organisation eines Regionalmanagements.

Constanze Bückner versucht in ihrer Arbeit, ein umfangreiches Gesamtkonzept für die Ver- und Entsorgung von Städten und deren Umland – unter Berücksichtigung möglicher Konkurrenzen in der Flächennutzung – aufzustellen. Fallbeispiel ist die Stadt Halle (Saale) und ihr Umland. Dabei wurde aufgezeigt, wie sich durch eine Vielfalt von Modulen der zur Verfügung stehende Raum nutzen lässt, ohne ihn zu übernutzen. Beispiele für die von ihr vorgestellten Module sind Dach- und Fassadenbegrünungen, sogenannte Gewächshochhäuser, Photovoltaik- und solarthermische Anlagen, alternative Abwasser- und Abfallbehandlungskonzepte sowie bestimmte Anbaumethoden und Bewässerungsformen zur nachhaltigen Futtermittelproduktion und Energiegewinnung. Durch die Integration solcher zukunftsfähiger Ver- und Entsorgungsmodule lässt sich, so die Schlussfolgerung von Bückner, eine nachhaltige Raumentwicklung erzielen. Denn der so neu gestaltete Raum erhält den Naturkapitalbestand für die nachfolgenden Generationen und versorgt seine Bewohnerinnen und Bewohner zu einem großen Teil selbst. Gleiches gilt für die Entsorgung. Denkt man diesen Gedanken weiter, so entstehen kleinteilige Ver- und Entsorgungseinheiten, die eng aneinander gekoppelt sind. Mit dieser Veränderung besteht die Chance, die Versorgung der Städte mit Nahrungsmitteln, Energie und Trinkwasser trotz knapper Energiereserven langfristig zu sichern. Hierzu liefert der Beitrag von Constanze Bückner interessante und innovative Anstöße.

Andreas Klee